Zu den Quartetten

Geburtstagskonzert für Raimund Schwedeler Satter, warmer Streicherklang

Von Peter Buck
Ein schöneres Geschenk zum 70. Geburtstag hätte dem langjährigen Mitarbeiter an der Rudolf-Steiner-Schule zu Hamborn, Raimund Schwedeler, sicher nicht gemacht werden können als mit der Aufführung seiner eigenen musikalischen Werke. So geschehen am Samstag in der übervollen Festhalle und in Anwesenheit zahlreicher ehemaliger, aus ganz Deutschland angereister Hamborner Schüler.
Schwedeler, am 3. September 1925 in Hamburg geboren, wuchs nach eigenen Angaben inmitten von Musik auf. Die ersten Töne, die er wahrnahm, waren die Nebelhörner der ein- und auslaufenden Schiffe, bald kam das Singen seiner Mutter dazu, und seit dem ersten Erlebnis von Richard Wagners “Lohengrin” und “Parsifal” läßt ihn die Musik nicht mehr los. “Alles, was ich mache,” sagt der 70jährige Komponist, “ist dem Gral gewidmet.” Und: “Die Glücks- und Leiderfahrung aus meiner Tätigkeit in Schloß Hamborn” (seit 1950) “gebe ich an meinem Geburtstag musikalisch zurück.”
Vor der Auswahl aus eigenen Werken, die die breite Palette seines Schaffens aufzeigten, gab es eine Komposition Violinvirtuosen und Komponisten Josef Suk. Das nach ihm benannte Suk-Quartett mit Ivan Straus (1. Violine), Ludvik Hasek (2. Violine), Karel Rehhak (Bratsche) und Frantisek Host (Violoncello) ließ in Suks “Meditation über ein altes Chorallied” gleich seine künstlerischen Qualitäten hören; satter, warmer und üppiger Streicherklang und, bei aller Präzision im Zusammenspiel, beste böhmische Musikantentradition.
Das galt auch für Raimund Schwedelers Quartette Nr.3 in e-Moll (op. 34) und in d-Moll (op. 24), beide tonal recht frei und doch immer in die Dur-Tonalität zurückfindend, das dritte schmerzlich zerrissen und mit sich ringend, das zweite Schwedelers Ziel sinnfällig deutlich, die melodischen Motive der osteuropäischen Musik zu entnehmen und sie mit westlichen Formen zu gestalten.
Ganz andere Töne schlugen Schwedelers “Sieben Lieder nach Gedichten von Lisa de Boor” für eine Singstimme mit Altleierbegleitung (Gisela Biber) an. Die dänische Sopranistin Pernille Ritsch, die zwei Jahre Schülerin in Schloß Hamborn gewesen war, gestaltete die von Melancholie und Andacht geprägten Lieder klar, sehr zurückgehalten, immer aber sehr gut artilierend. Schwedelers Schaffen beinhaltet neben über hundert Kunstliedem auch Chorwerke. Ein frei zusammengesetztes achtköpfiges Vokalensemble brachte mit dem vierstimmigen Satz “Die zur Wahrheit wandern” nach Christian Morgenstern ein weiteres anschauliches Beispiel für seinen eigenwilligen Umgang mit der menschlichen Stimme.

Noch stiller in der Festhalle wurde es bei den Stücken aus Schwedelers “12 Stücke durch 12 Tonarten”. Gisela Biber hielt die teils nur numerierten, teils mit Titeln wie “Klagelied” oder “Walzer” versehenen kurzen Stücke sehr verinnerlicht und getragen und entsprach damit dem Wesen des “anthroposophischen Hausinstrumentes” Leier, das wie kein anderes zum Stillsein und Hineinhören zwingt, entgegen.
Neue Westfälische, Mittwoch, 20. September 1995

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